EU will Medienfreiheit stärken

Brüssel, 21. Juni 2023 – Angesichts der zunehmenden Infragestellung freier Medien in zahlreichen Ländern auf der ganzen Welt soll die Medienfreiheit in der Europäischen Union weiter gestärkt werden. Das schlägt die Europäische Kommission vor.

Medienfreiheit und Medienpluralismus seien ein wesentlicher Bestandteil der Demokratie und der Grundrechte der EU-Bürgerinnen und ‑Bürger. Eine echte Demokratie ist nicht möglich ohne freie Medien, die die Ausübung von Macht kritisch prüfen, schreibt die Kommission.

„Die Medien sind eine tragende Säule des Systems von Kontrolle und Gegenkontrolle, dass der demokratischen Ordnung zugrunde liegt. Deshalb beginnt die Entwicklung autoritärer Regime häufig damit, dass unabhängige Medien ins Visier genommen werden. In den letzten Jahrzehnten haben mehrere Staaten auf der ganzen Welt diesen Weg eingeschlagen, durch Nötigung und häufig gewaltsame Verfolgung von Medien und einzelnen Journalistinnen und Journalisten.“

Journalistinnen und Journalisten arbeiten nach wie vor unter schwierigen Bedingungen – sie stehen zunehmend unter finanziellem und politischem Druck, werden überwacht, willkürlich inhaftiert oder sind Gewalt ausgesetzt, weil sie ihrer Arbeit nachgehen. Obwohl sie ein wesentlicher Bestandteil der Demokratie sind, wurden 2022 weltweit insgesamt 86 Journalistinnen und Journalisten und Medienschaffende getötet (1.591 seit 1993), und viele weitere wurden festgenommen, belästigt oder bedroht.

Auch in der EU müssen Medienfreiheit und Medienpluralismus gewahrt werden. Sie sind einer der vier Pfeiler des Berichts der Europäischen Kommission über die Rechtsstaatlichkeit, dessen Schwerpunkt unter anderem auf folgenden Kernbereichen liegt:

Dazu sollen die bestehenden Rechtsvorschriften durch zwei neue Vorschläge der Kommission zur Medienfreiheit ergänzt werden, nämlich

  • die Richtlinie zur Bekämpfung strategischer Klagen gegen öffentliche Beteiligung, und
  • das Europäische Medienfreiheitsgesetz.

Richtlinie zur Bekämpfung strategischer Klagen gegen öffentliche Beteiligung

Die Europäische Kommission hat im April 2022 einen Vorschlag für eine Richtlinie zur Bekämpfung strategischer Klagen gegen öffentliche Beteiligung – gemeinhin als SLAPP-Klagen bezeichnet – vorgelegt. SLAPP-Klagen sind unbegründete oder missbräuchliche Gerichtsverfahren. Sie werden gegen Journalistinnen und Journalisten, Menschenrechtsverteidigerinnen und ‑verteidiger und andere eingesetzt, um sie daran zu hindern, sich mit Fragen von öffentlichem Interesse zu befassen, oder dies einzuschränken oder zu sanktionieren.

Die vorgeschlagene Richtlinie enthält Maßnahmen zum Schutz dieser Personen vor offenkundig unbegründeten oder missbräuchlichen Gerichtsverfahren. Diese vorgeschlagenen Schutzmaßnahmen werden für Zivil- und Handelssachen mit grenzüberschreitendem Bezug gelten. Dazu gehört, dass

  • Gerichte offenkundig unbegründete Klagen im beschleunigten Verfahren abweisen können, um ihre Auswirkungen (für die Opfer) so gering wie möglich zu halten;
  • ein finanzieller Schadenersatz angeordnet werden kann, um die von SLAPP-Klagen betroffenen Personen für den von ihnen erlittenen Schaden zu entschädigen;
  • Schutz vor Urteilen aus Drittländern geboten wird, um sicherzustellen, dass die Schutzmaßnahmen der vorgeschlagenen Richtlinie nicht durch die Anrufung von Gerichten in anderen Rechtsräumen ausgehöhlt werden.
  • Vorschlag für eine Richtlinie zur Bekämpfung strategischer Klagen gegen öffentliche Beteiligung (SLAPP-Klagen)

Dieser Vorschlag wird seit Dezember 2022 im Rat geprüft. Die Beratungen wurden in der Gruppe „Zivilrecht“ geführt. Derzeit prüft der Rat den Vorschlag und beabsichtigt, seinen Standpunkt im Juni 2023 festzulegen, um danach Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament aufzunehmen.

Empfehlung an die Mitgliedstaaten

Die Richtlinie wird durch eine gleichzeitig angenommene Empfehlung ergänzt. In der Empfehlung werden die Mitgliedstaaten aufgefordert, die Schutzmaßnahmen der vorgeschlagenen Richtlinie auf einzelstaatliche Fälle und bei allen Angelegenheiten – nicht nur bei Zivil- und Handelssachen – anzuwenden. Die Mitgliedstaaten werden ferner aufgefordert, eine Reihe weiterer Maßnahmen zu ergreifen, darunter

Europäisches Medienfreiheitsgesetz

Im Oktober 2022 unternahm die Europäische Kommission einen weiteren Schritt zum Schutz der Medienfreiheit in der EU, indem sie den Vorschlag für das Europäische Medienfreiheitsgesetz vorlegte. Das Medienfreiheitsgesetz baut auf der überarbeiteten Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste (AVMD-Richtlinie) auf und enthält neue Vorschriften und Mechanismen zur Förderung des Pluralismus und der Unabhängigkeit der Medien in der gesamten EU. Hierzu gehört Folgendes:

  • der Schutz der redaktionellen Unabhängigkeit
  • entschlossene Maßnahmen zum Schutz der Rechte der Mediendiensteanbieter, einschließlich des wirksamen Schutzes von Beschäftigten und deren Familienangehörigen und Maßnahmen zum Schutz vor dem Einsatz von Spähsoftware gegen Medien, Journalistinnen und Journalisten und deren Familienangehörige
  • eine angemessene, stabile und transparente Finanzierung öffentlich-rechtlicher Medien
  • eine Anforderung, die Auswirkungen von Medienmarktkonzentrationen auf den Medienpluralismus und die redaktionelle Unabhängigkeit zu bewerten
  • eine transparente und nichtdiskriminierende staatliche Werbung
  • der Schutz vor einer ungerechtfertigten Entfernung der Inhalte von Online-Medien

Ferner wird in der Verordnung vorgeschlagen, ein neues, unabhängiges Europäisches Gremium für Mediendienste einzurichten. Dieses Gremium wird die Gruppe europäischer Regulierungsstellen ersetzen, die mit der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste eingerichtet wurde. Es wird auch vorgeschlagen, verstärkte Mechanismen für die Zusammenarbeit der nationalen Regulierungsbehörden und ‑stellen der Mitgliedstaaten einzurichten. So soll eine wirksame und kohärente Umsetzung sowohl des Medienfreiheitsgesetzes als auch der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste ermöglicht werden.

Der Vorschlag für eine Verordnung über Medienfreiheit wird von der Gruppe „Audiovisueller Sektor und Medien“ des Rates geprüft, und bis Juni 2023 soll eine allgemeine Ausrichtung festgelegt werden. Ziel ist es, sich im September oder Oktober 2023 auf ein Verhandlungsmandat zu einigen. Beide gesetzgebenden Organe beabsichtigen, vor der bevorstehenden Wahl zum Europäischen Parlament im Mai 2024 eine Gesamteinigung über die Verordnung zu erzielen.

Interne Schutzvorkehrungen für redaktionelle Unabhängigkeit und Transparenz von Medieneigentum

Der Legislativvorschlag zur Medienfreiheit wurde durch eine gleichzeitig angenommene Empfehlung der Kommission an in der EU niedergelassene Mediendiensteanbieter und an die Mitgliedstaaten ergänzt. In der Empfehlung wird Mediendiensteanbietern ein Katalog freiwilliger Maßnahmen vorgeschlagen, um ihre eigene redaktionelle Unabhängigkeit zu gewährleisten. Ferner werden die Mediendiensteanbieter und die Mitgliedstaaten darin bestärkt, Maßnahmen zu ergreifen, um die Transparenz von Medieneigentum im Binnenmarkt zu fördern.

EU-Unterstützung für Medienfreiheit

Die bestehende Unterstützung für die Medienfreiheit in der EU beruht auf Initiativen wie dem Paket „Digitale Dienste“, dem Aktionsplan für die Medien und den audiovisuellen Sektor, dem Aktionsplan für Demokratie in Europa und den Schlussfolgerungen des Rates zum Thema „Schutz und Sicherheit von Journalistinnen und Journalisten und anderer Medienschaffender“.

Zu den wichtigsten Maßnahmen, die Bestandteil dieser Unterstützung sind, gehört Folgendes:

  • die Einrichtung eines Systems zur Beobachtung der Eigentumsverhältnisse im Medienbereich, um eine länderspezifische Datenbank mit Informationen über die Eigentumsverhältnisse im Medienbereich zu errichten
  • die Gewährung von Finanzhilfen, um Innovationen im Bereich lokaler oder regionaler Medien zu unterstützen und den Pluralismus zu fördern
  • die Schaffung eines Krisenreaktionsmechanismus, um gefährdeten Journalistinnen und Journalisten praktische Hilfe zu bieten
  • die Bereitstellung eines Nothilfefonds für Investigativjournalistinnen und ‑journalisten und Medienorganisationen
  • die Einrichtung eines Überwachungsmechanismus für Medienpluralismus, um potenzielle Gefahren für den Medienpluralismus zu ermitteln (EC-PD/IIM)